22. Januar 2020

DVG-Bayern

Positive Entwicklung bei der Beihilfe und was sich zum 1. Januar 2020 geändert hat

Einkommensgrenze für Ehegatten und Lebenspartner

1. Einkommensgrenze für Ehegatten und Lebenspartner

Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Krankheits-, Geburts-, Pflege- sonstigen Fällen erstreckt sich grundsätzliche auch auf Angehörige des Beihilfeberechtigten i.S. d Art. 96 Absatz 1 BayBG.

Darunter fallen auch Ehegatten und Lebenspartner. Seit jeher gilt für diesen Personenkreis allerdings der  einschränkende Grundsatz, dass (mit Ausnahme im Geburtsfall) ein Ehegatte - bzw. seit einigen Jahren auch Lebenspartner - dann nicht mehr unter diese Fürsorgepflicht fällt, wenn er wirtschaftlich selbständig ist. Dabei erfolge die Definition des  Begriffes „Wirtschaftliche Selbständigkeit“ einheitlich über die Festlegung einer Einkommensgrenze, die in früheren Jahren bundeseinheitlich gegolten hat und bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts im Abstand von wenigen Jahren stets der allgemeinen Einkommensentwicklung angepasst wurde; letztmals allerdings vor mehr als zwanzig Jahren.

Aber was ist in den letzten Jahren tatsächlich geschehen?

Seitdem Beihilferecht nicht mehr Bundes- sondern Landesrecht ist, haben viele öffentliche Dienstherren die bis zu diesem Zeitpunkt einheitlich geltende Einkommensgrenze von 18.000 € - m.E. überwiegend populistisch begründet - nach unten korrigiert; teilweise auch für bereits bestehende Ehen und Partnerschaften.

Die Folge waren erhebliche Verwerfungen in der Lebensplanung hinsichtlich der Absicherung im Krankheits- und Pflegefall und zwar unabhängig vom Alter. Die Lohnzuwächse bzw. Rentensteigerungen der letzten Jahre haben so manchen Ehegatten oder Lebenspartner in die Basisabsicherung gezwungen. Auch wenn Altersrückstellungen in den Basistarif übernommen wurden, führte das vor allem im Hinblick auf den Ausschluss von Zusatzversicherungen bei Zahnersatz oder Wahlleistungen im Krankenhaus zu einer nicht hinnehmbaren Verschlechterung gegenüber gesetzlich krankenversicherten Patienten und der bisherigen Absicherung vor allem im Krankheitsfall.

Bayern geht einen anderen Weg und hat das Ehegatteneinkommen erhöht!

Der Freistaat Bayern hat sich an diesen sehr zweifelhaften Verfahrensweisen nicht beteiligt und bis 31.12.2019 die Einkommensgrenze von 18.000 € wenigstens unverändert beibehalten. Wohl auch aufgrund der Tatsache, dass durch die Rentenanpassungen der letzten Jahre und vor allem durch die Einführung eines Mindestlohnes (9,35 € pro Stunde ab 1.1.2020) die wirtschaftliche Selbständigkeit neu zu definieren war, ist Bayern einen anderen Weg gegangen und hat ab 1. Januar 2020 durch die Änderung des Art. 96 Absatz 1 BayBG die Einkommensgrenze für die Berücksichtigung von Ehegatten und Lebenspartnern auf 20.000 € erhöht. Maßgeblich sind wie bisher der Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Absatz 3 EStG und evtl. noch hinzuzurechnende Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Ausblick zum Ehegatteneinkommen

In vielen meiner Vorträge und Seminaren habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass die  Einkommensgrenze für Ehegatten aufgrund der allgemeine Einkommensentwicklung in den letzten zwei Jahrzehnten –vor allem nach Einführung des EURO – hätte erhöht werden müssen, damit es eben nicht zu den o.g. negativen Entwicklungen kommt. Es bleibt zu hoffen, dass  künftig in angemessenen Abständen das Ehegatteneinkommen  der allgemeinen Einkommensentwicklung angepasst wird. Der Freistaat Bayern jedenfalls ist jetzt mit gutem Beispiel vorangegangen. Der Bund will anscheinend folgen, nachdem er vor wenigen Jahren die Einkommensgrenze für Ehegatten und Lebenspartner nach jahrelanger Diskussion völlig unverständlich von 18.00 € auf 17.000 € reduziert hatte.

2. Der ewige Konflikt mit der Antragsfrist

Wie schnell ist ein Jahr vorüber! Zum Jahreswechsel wird das stets besonders deutlich

Bis 31.12.2019 galt gem. Art. 96 Absatz 3a BayBG für die Beantragung von Beihilfeleistungen die Frist von einem Jahr nach Entstehung der Aufwendungen bzw. der Ausstellung der Rechnung. So manchem ist es schon passiert, dass bei einigen oder sogar allen Rechnungen diese Antragsfrist versäumt war. Solange es sich um geringe Aufwendungen handelte, war die Fristversäumnis noch verschmerzbar. Bei hohen  Aufwendungen allerdings musste oft in zum Teil aufwendigen Verfahren die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geprüft werden; mit meist aufgrund der einschränkenden Regelungen in Art. 32 BayVwVfG für den Beihilfeberechtigten negativem Ausgang und teils schwerwiegenden Folgen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.

Entspannung ab 1.1.2020

Diesem Umstand hat der Dienstherr Rechnung getragen und ab 1.1.2020 durch Änderung des Art. 96 Absatz 3a BayBG die Antragsfirst auf drei Jahre erhöht.

Für welche Aufwendungen gilt die dreijährige Antragsfirst?

Die dreijährige Antragsfrist gilt nur für Aufwendungen, die nach dem 31.12.2019 entstanden oder in Rechnung gestellt worden sind. Für Rechnungen aus dem Jahr 2019 gilt noch die einjährige Antragsfrist auch wenn der Beihilfeantrag im Jahr 2020 gestellt wird (siehe hierzu Übergangsregelung in Art. 144 Absatz 2 BayBG).

Vorteile der Verlängerung der Antragsfrist

Es sollte kaum noch zu Fristversäumnissen kommen.

Nachteile der Verlängerung der Antragsfrist

Für den Beihilfeberechtigten besteht der Nachteil eigentlich nur darin, dass er über einen längeren Zeitraum Aufwendungen haben könnte, die sich dann nach langer Zeit als nicht beihilfefähig erweisen, was vor allem bei höheren Ausgaben belastend wäre. Dieser Nachteil kann  aber dadurch vermieden werden, dass bereits vor Entstehen größerer Aufwendungen mit der Beihilfestelle die Beihilfefähigkeit geklärt wird. Außerdem ist zu empfehlen, an der bisherigen eigenen Praxis der Antragstellung festzuhalten und – natürlich nur soweit Aufwendungen überhaupt entstanden sind - mindestens einmal im Jahr einen Beihilfeantrag einzureichen, zumal die Antragsmindestgrenze schon seit geraumer Zeit weggefallen ist.

Dadurch könnte auch ein weiterer Nachteil vermieden werden, der allerdings nur die Beihilfefestsetzungsstellen trifft:

Die dreijährige Antragsfrist könnte durch einen ungleichmäßigen jährlichen Antragseingang zu erheblichen Schwankungen und dadurch entstehende  Probleme bei den Ausgaben und bei der personellen Besetzung der Beihilfestellen führen. Für kleinere Beihilfefestsetzungsstellen z.B. bei Kommunen wohl mehr als für die staatlichen Beihilfestellen. Außerdem könnte die Beihilfefestsetzung  – anders als bei einer zum Entstehen der Aufwendungen zeitnahen Antragstellung – aufgrund zwischenzeitlich im Beihilferecht oder im medizinischen Bereich eingetretene Änderungen durch zusätzlich erforderliche Recherchen erschwert werden.

Fazit zur neuen Antragsfrist

Die negativen Auswirkungen lassen sich letztlich durch rechtzeitige Antragstellung bzw. Klärung der Beihilfefähigkeit vermeiden, sodass die dreijährige Antragsfrist als insgesamt positiv zu sehen ist.

*Geschlechtsneutralität: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde bei geschlechtsspezifischen Substantiven die männliche Form verwendet.

Reiner Jakubith
Regierungsrat a.D.
Dozent für Beihilferecht bei der Bayerischen Verwaltungsschule
Herausgeber des Kommentars Beihilfe für den öffentlichen Dienst in Bayern